Second-Stage-Projekte
Die in den bayerischen Frauenhäusern in den letzten Jahren deutlich angestiegene durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist zum überwiegenden Teil auf einen zunehmenden Bedarf an längerem Schutz und Beratung zur Stabilisierung der Frauen zurückzuführen. Ursächlich für die längere durchschnittliche Aufenthaltsdauer sind zunehmend aber auch Schwierigkeiten bei der Suche und dem Übergang in Anschlusswohnraum, insbesondere bei Frauen mit (vielen) Kindern.
In den Fachberatungsstellen/ Notrufen ist unverkennbar geworden, dass es immer mehr Frauen gibt, bei denen in der Beratung schnell deutlich wird, dass eine Vermittlung in eine eigene Wohnung gewünscht und unter Sicherheitsaspekten auch möglich ist. Da diese Frauen i.d.R. noch in gewaltgeprägten Situationen leben und deswegen teilw. krisenbezogen und mit gezielter Ressourcenaktivierung beraten werden müssen, gleichzeitig sich in Bezug auf die Wohnungssuche und Existenzsicherung in einem realen fordernden Lern- und Handlungsfeld befinden, ist der zeitliche und inhaltliche Umfang der psychosozialen Beratung und im Übergangsmanagement sehr hoch. Vor diesem Hintergrund ist die Second Stage-Maßnahme entstanden und die Angebote der spezifischen psychosozialen Beratung und des Übergangsmanagements entwickelt worden.
In Bayern wurden seit 2020 Second-Stage-Projekte an 15 Standorten (14 Frauenhäuser, einem Notruf) modellhaft gefördert. Nach erfolgreicher Evaluation dieser neuen Hilfen, ist die Förderung der Second-Stage-Projekte seit 2023 verstetigt.
Die Second-Stage-Projekte arbeiten mit unterschiedlichen Voraussetzungen und entsprechend angepassten Verfahren in Bezug auf das Übergangsmanagement:
- Second Stage mit trägereigener Übergangswohnung, mit anschließender Weitervermittlung in eine selbst angemietete Wohnung,
- Second Stage mit angemieteter Übergangswohnung, mit anschließender Weitervermittlung in eine selbst angemietete Wohnung,
- Second Stage mit direkter Vermittlung in eine selbst angemietete Wohnung.
Die drei Haupttätigkeitsbereiche der Second-Stage-Projekte sind:
- Das fallübergreifende Übergangsmanagement umfasst alle Tätigkeiten zur überwiegend regionalen Wohnraumakquise und zur Bereitstellung bzw. Vermittlung von Wohnraum. Insbesondere: Auf- bzw. Ausbau von Netzwerkstrukturen und tragfähigen Kooperationsbeziehungen zu privaten, kommunalen und kirchlichen Wohnungsgebern, zu Akteuren der Wohnungswirtschaft sowie zu Wohnraumvermittlungsstellen und Hausverwaltungen.
- Das personenbezogene Übergangsmanagement umfasst alle Tätigkeiten zur kontinuierlichen Wohnraumakquise und Vermittlung sowie die aktive Unterstützung und Begleitung der Frauen (und ihrer Kinder) beim Umzug und bei allen, mit einer neuen Wohnung und einem neuen Lebensumfeld verbundenen, Formalitäten.
- Die psychosoziale Beratung ist bezogen auf die neue Lebenssituation und die fortgeschrittene Verselbstständigung der Frauen. Sie dient der weiteren Stabilisierung in Bezug auf die individuellen gesundheitlichen und psychosozialen Langzeitfolgen der Gewalterfahrung sowie dem weiteren Aufbau von Ressourcen bzw. einem auch in erneuten Krisen- bzw. Gefährdungssituationen verlässlichen Zugang dazu, dem Auffangen von Krisen / Krisenintervention der Unterstützung der Frau und ihrer Kinder bei familiengerichtlichen Verfahren, bei Sorge- und Umgangsverfahren und im Scheidungsprozess.
Weitere Aufgaben bestehen in der psychosozialen Unterstützung der Kinder, Vernetzungs- und Gremienarbeit sowie Öffentlichkeitsarbeit.
Die Second Stage-Maßnahme verfolgt folgende Ziele:
- Auf die Problemlage der Frauen und ihrer Kinder in Bezug auf die Wohnsituation aufmerksam zu machen und das Angebot von Second Stage generell bekannt zu machen sowie Kontaktmöglichkeiten und Ansprechpartnerin zu kommunizieren.
- Die gesamte Wohnungswirtschaft, private Vermieter und Behörden für die wohnungsbezogenen Belange der Zielgruppe zu sensibilisieren mit dem Ziel, die Bereitschaft zu erhöhen, an Frauen mit Kindern auch bei problematischer Ausgangslage zu vermieten bzw. eine Wohnungsübernahme zu unterstützen und zu erleichtern.
- Die herrschenden Vorurteile in der Gesellschaft gegenüber Frauen mit Gewalterfahrung und deren mitbetroffenen Kindern abzubauen und somit die gesellschaftliche Integration der Betroffenen zu erleichtern.
- Generelle Wohnungsproblematik öffentlich machen